Die Sehnsucht nach Strand ist nichts, was auf der menschlichen DNA verankert wäre. Obwohl die weltweiten Urlaubsentscheidungen das Gegenteil suggerieren. Aber: Strände waren bis vor 250 Jahren zu nullkommanix Sehnsuchtsorte. Vielmehr Inbegriff von Gefahr und drohendem Unheil. Naturgewalten und wilde Stürme konnten Existenzen und Leben in einer Nacht zerstören. Am Strand erwartete den Mensch nicht selten Gewalt durch Feinde und Piraten. Verfaulte Lebensmittel von gekenterten Schiffen und eingeschleppte Krankheiten der Seeleute bedrohten die Gesundheit. Reichlich Grund jedenfalls, Strände ausschließlich zum Broterwerb oder zur Strandräuberei zu betreten.
Erst gegen Ende des 18. Jahrhundert waren es Genies wie Johann Wolfgang von Goethe oder Romantiker wie Caspar David Friedrich, die sich von den Küsten der Meere inspirieren ließen und sie in Wort und Bild kunstvoll verewigten. Etwa zeitgleich machten fortschrittliche Mediziner Mut, nicht nur in Flüsse und Seen, sondern auch mal ins Meer zu hüpfen. Die wohltuende Wirkung des Seeklimas wurde in den kommenden Jahrzehnten intensiv gepriesen und von immer mehr Menschen entdeckt. Einheimischen blieben den Lustbarkeiten des Strandes gegenüber lange Zeit reserviert.
Westerland wurde 1855 Seebad und zählte in seiner ersten Saison ganze 100 Sommerfrischler. 168 Jahre später verzeichnet die Insel Sylt knapp eine Million Gäste. Illustrator Martin Haake hat für die „Natürlich Sylt“ mal eine Typologie der Strandgänger im Hier und Jetzt entwickelt.