Die Magie der Sylter Dünenwolle
Achtung, hoher Kuschelfaktor! Diese aus original Sylter Wolle gefertigten Decken und Kopfkissen lassen Sie so schnell nicht aus dem Bett.
Munter und vollkommen frei spazieren die Sylter Schafe über ihr Gebiet ganz oben im hohen Norden. Es bildet den nördlichsten Zipfel der Insel Sylt und auch ganz Deutschlands und hat allein dadurch schon eine starke symbolische Bedeutung. Doch wer das außergewöhnliche Naturschutzgebiet am Ellenbogen kennt, weiß, dass es sich hierbei um einen dieser besonderen Orte handelt, den man, einmal dort gewesen, so schnell nicht wieder vergessen wird. Wilde und intakte Natur, lange Sandstrände, eindrucksvolle Dünen und unberechenbare Strömungen charakterisieren das Gesicht des Lister Ellenbogens, dessen Form eben jenem gleicht. Zur Chefetage des weitläufigen Naturschutzgebietes gehören die rund 250 Schafe, die für die Landschaft und ihre Pflege absolut notwendig sind. Mit ihrem „goldenen Tritt“ festigen und pflegen sie den Boden der Deiche und Dünenlandschaft, mit ihrem Hunger halten sie das Gras kurz und dicht. Ohne Zäune leben die Tiere auf dem 1200 Hektar großen Stück Land, das sich seit Jahrhunderten in privatem Besitz befindet. Einmal im Jahr müssen die Schafe, meist im Mai oder Juni, professionell geschoren werden. Falls nicht, wird ihr Fell zu schwer und die Last für die flauschigen Tiere zu groß. Doch was passiert eigentlich mit der Wolle?
Der vergessene Rohstoff Wolle
„Er war sehr skeptisch und konnte nicht glauben, dass sich jemand seiner Wolle annehmen möchte, um daraus nachhaltige Produkte zu kreieren“, erinnert sich Dennis Bergmann an seinen ersten Kontakt mit Jürgen Wolf-Diedrichsen, Besitzer der Lister Schafsherde in elfter Generation, als er ihm von seiner Idee, aus der Sylter Wolle Bettdecken und Kopfkissen herzustellen, erzählte. Der Einfall kam Dennis, als er 2021 zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder auf der Insel war. Für seine Partnerin war es eine Premiere, die natürlich auch einen Besuch zum Lister Ellenbogen beinhaltete, denn auch ihre Eltern halten eine Schafsherde. Allerdings eine sehr kleine und in Nordrhein-Westfalen. An jenem Tag im Mai, während sie durch die Natur liefen und die Magie des Ellenbogens genossen, kam ihm dann der Geistesblitz: „Ich sah die Schafe laufen und grasen und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, wie man dem besonderen und in Vergessenheit geratenen Rohstoff wieder eine Bedeutung und einen Nutzen geben könnte“, so Dennis. Schafswolle hat in den vergangenen Jahrzehnten nämlich erheblich an Wert verloren, so wurde diese stetig durch andere Materialien wie Baumwolle oder synthetische Fasern ersetzt. Der Aufwand, die Schafswolle entsprechend zu verarbeiten, ist relativ groß; die Wolle muss erst fachmännisch geschoren, dann gewaschen und schließlich gekämmt werden, bevor man sie verarbeiten kann. Kein Wunder also, dass Schafsherr Jürgen Wolf-Diedrichsen dem Hamburger Jung zunächst mit Skepsis gegenübertrat. ‚Lass den man sabbeln‘, dachte er sich vermutlich. Doch Dennis ließ mit seiner nachhaltigen Idee nicht locker und bereitete eine Präsentation vor, die seinen zukünftigen Geschäftspartner überzeugen sollte, anstatt die Wolle zu Düngepeletts verarbeiten zu lassen, fortan daraus Decken und Kopfkissen herzustellen.
Ein Produkt mit Herz und Mehrwert
„Aus der Wolle meiner Schwiegereltern ließ ich einen Prototypen herstellen, setzte mich damit in den Zug und brachte ihn in List vorbei“, erzählt Dennis von dem entscheidenden Moment, der deutlich machte, dass es ihm ernst ist und es sich keineswegs um eine Spinnerei handelt. Bei diesem Herzensprojekt geht es ihm in erster Linie darum, einen derartigen kostbaren Rohstoff fair zu bezahlen und daraus etwas herzustellen, das nachhaltig und komplett recyclebar ist. Und so bekam er das Go! Die Freude und Motivation waren groß, der Weg zum fertigen Produkt war holprig und forderte Geduld, denn es war gar nicht so leicht, passende Partner zu finden, die ihm diese doch relativ kleine Menge waschen und weiterverarbeiten würden. „In einem belgischen Städtchen wurde ich zum Glück fündig, dorthin kann ich die Sylter Wolle für den ersten Schritt hinbringen. Alles weitere passiert dann in einer kleinen Manufaktur in Niedersachen. Dort entstehen die Kissen und Bettdecken in geringer Stückzahl, denn bei einer Herde von 250 Lister Schafen entstehen bummelig 220 Decken, je nachdem wie viel Wolle zusammenkommt. Das Projekt ist weder skalierbar, noch kann man davon leben, aber es ist regional, fair, nachhaltig und stößt auf positive Resonanz“, zeigt sich der gelernte Versicherungskaufmann, der außerdem eine Ölmühle in Hamburg betreibt, positiv. Die Decken und Kissen kommen bei seiner Kundschaft hervorragend an. Sogar Sylter*innen zeigen sich von den allergikerfreundlichen Decken und Kissen begeistert. Aber Vorsicht ist geboten: „Seitdem ich unter der Sylter Dünenwolle schlafe, komme ich morgens einfach nicht aus dem Bett“, gibt Dennis mit einem ehrlichen Lachen zu.